PID – Auf der ethischen Rutschbahn

Der Beschluss des Bundestags zur Freigabe der Präimplantationsdiagnostik (PID) zeigt vor allem eines: Den alles andere dominierenden Opferblick der von den Abgeordneten repräsentierten deutschen Gesellschaft. Nach der eng begrenzten Lesart der PID sind im Jahr in Deutschland etwa 200 Paare von Erbleiden betroffen, die einen Einsatz dieser Methode sinnvoll erscheinen lassen. Das emotionale Hineinversetzen in das schlimme Schicksal dieser Menschen ist der zentrale Beweggrund, der Abstimmung: Niemand möchte unter so qualvollen Umständen um sein Wunschkind ringen oder sogar darauf verzichten müssen, deshalb werden ethische Bedenken, die nahezu alle Debatten-Teilnehmer zugaben, zugunsten wissenschaftlicher Praktikabilität zurückgestellt.

So wird also eine generelle Regelung zur Antastbarkeit werdenden Lebens in das Embryonenschutzgesetz eingefügt, weil es unter 80 Millionen Deutschen 200 tragische Fälle gibt. Um es unmissverständlich zu sagen: Es geht hier nicht um das quantitative Aufrechnen von Schicksalen. Es geht nicht darum, dass man über das Leid von verschwindenden Minderheiten einfach so hinweg gehen dürfte. Es geht vielmehr darum, dass das Grundverständnis der Demut vor dem Leben – auch vor dem menschlichen Leben – einen weiteren Schritt zurückgedrängt wird. Dass es Konstellationen im Leben gibt, die man ertragen muss, weil zur Abhilfe elementare Regel verletzt werden, ist immer weniger gesellschaftlicher Konsens.

Es gibt, um einen ebefalls aktuellen Vergleich anzustellen, auch kein Menschenrecht auf ein Spenderorgan. Selbst wenn mein Nachbar gefahrlos eine Niere hergeben könnte, gibt es keine Rechtfertigung für eine Freigabe der Zwangsspende von Organen. Nur dass in diesem Falle eben „vollwertige“, lebende Menschen die Betroffenen wären, die eine andere Lebensschutz-Akzeptanz genießen als das werdende Leben von Embryonen. Befremdlich ist allerdings, dass angesichts der inzwischen bereits riesigen und in Zukunft weiter wachsenden Möglichkeiten der Manipulation am Embryo die PID-Befürworter nicht wenigstens ein leiser Schauder beschleicht, wozu sie da Vorschub geleistet haben mögen. Aber vielleicht wird auch diese Abwägung von der Empathie mit den erblich belasteten Paaren völlig überschattet.

Dass es keinen ethischen Rutschbahn-Effekt gibt, wie die PID-Befürworter behaupten, wird indes von der Realität schon heute widerlegt. Schon jetzt wird während der Schwangerschaft bereits getestet, was nur getestet werden kann. Wer heute auf eine Fruchtwasseruntersuchung verzichtet, gilt nicht selten als unverantwortlich. Und das Verständnis dafür, dass man sein Kind anzunehmen habe, ganz gleich, wie es auf diese Erde gesandt wird, um den alles überragenden Wert des Lebens nicht zu relativieren, dieses Verständnis ist längst auf dem Rückzug. Und da nicht um des Testens selbst willen getestet wird, steht immer häufiger auch die Entscheidung an, bei erhöhten Wahrscheinlichkeiten von Fehlentwicklungen zu „reagieren“.

Auch die Tatsache, dass zugunsten der PID immer wieder auf die Möglichkeit zur Spätabtreibung verwiesen wird, zeigt, wie die schrittweise erfolgte Freigabe ethischer Grenzflächen immer wieder zu Ausbau und Erweiterung derselben genutzt werden kann und genutzt wird. Glaubt im Ernst jemand, dass in Zukunft weniger schwere Behinderungen oder Fehlbildungen bei Kindern hin- und angenommen werden, während jenseits einer noch zu ziehenden Grenze „schwerwiegende“ Beeinträchtigungen „vermieden“ werden können. Warum das Risiko erhöhter Brustkrebsgefährdung dem eigenen Kind mit auf den Weg geben, wenn man diese Option durch PID ausschließen kann?!

Für gesellschaftliches Klima und Wertewandel gibt es kaum Statistiken. Wer mit Werteverständnis argumentiert, hat es immer schwerer als Leid-Verhinderer, die dramatische Bilder ausmalen und konkrete Schicksale zeigen können. PID wird aber auch deshalb zu einem Bumerang werden, weil viele Behinderungen im Verlauf der Schwangerschaft und der Geburt entstehen. Wer schwere Erbschäden in der Petrischale hat ausschließen lassen und dann wegen Sauerstoffmangels unter der Niederkunft ein behindertes Kind bekommt, wird unter einem gesellschaftlichen Klima der erwarteter Gen-Gesundheit noch schlimmer zu leiden haben, obwohl er selbst dazu beigetragen hat.

Und noch etwas macht das PID-Votum deutlich: Glaube und Wertebewusstsein werden offenbar immer weniger als „verbindlich“ und „bindend“ angesehen. Werteüberzeugungen auch dann anzuwenden, wenn sie im Einzelfall nicht praktikabel sind und einem Gewissensbürden auferlegen, scheint immer unmoderner zu werden. So intensiv und ernsthaft die bioethischen Debatten im Bundestag in den letzten Jahren auch geführt wurden, sie endeten noch immer mit Kompromissen, wo eigentlich keine Kompromisse möglich sind.

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31 Antworten to “PID – Auf der ethischen Rutschbahn”

  1. Rebekka Says:

    Ich finde es eine gute Entscheidung, dennoch finde ich, dass Kinderwunschpaare selbst entscheiden dürfen sollten, was in die Gebärmutter transferiert werden darf.

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  2. Däne Says:

    Große Worte !

    Erinnert mich an Margot Käßmann Worte:
    „Man kann nicht tiefer wie in Gottes Hände fallen“

    Bringen Sie einmal jeden Tag ein 100 kg Schwerstbehinderten aufs WC, in die Dusche und ins Bett.

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    • ralfschuler Says:

      Welcher Kommentator hatte da angemerkt, es sei von negativen Folgen doch nirgends etwas zu bemerken, wo die PID bereits praktiziert werden. Ihr Eintrag ist das beste Beispiel für den schleichenden Prozess die Lästigkeit eines behinderten Menschen ins Feld zu führen, wo ich bedingungslose Annahme erwarte. Alles andere ist genau die Rutschbahn im Denken, vor der ich warne. Ich habe auch keine Lust, mit Beispielen aus meinem Privatleben zu belegen, dass ich sehr wohl und sehr authentisch weiß, was Behinderung bedeutet.

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  3. Strauber Dr. Says:

    menschliches Leben ist unsinnig weil grammatisch falsch .
    Es ist ebenso falsch und dumm wie “ Lebensqualität“,
    womit Leben zur Ware verkommt.

    Schreiben Sie in ihrem Kommentar also nicht“ menschliches Leben“
    sondern
    Menschenleben.

    Dieses Menschenleben beginnt mit der Nidation der befruchteten Eizelle – und nicht vorher.

    Für Nichtwissenschaftler : Mit der Festsetzung der befruchteten Eizelle in der Wand der Gebärmutter.

    Ohne den zellulären Kontakt mit der Gebärmutter ist eine befruchtete Eizelle k e i n Menschenleben, sondern eine in Zellteilung befindliche befruchtete Eizelle – sonst nichts.

    Was , wenn es nach Geburt alle vier Himmelsrichtungen beschrien hat, ist eine Person

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    • ralfschuler Says:

      Erstens freue ich mich immer über raffiierte Semantiker, die erst einmal die Wortwahl geraderücken. Zweitens schreibe ich weiter „‚menschliches Leben“, weil es nicht bedeutet, dass das Leben menschlich ist, sondern das Wort Leben näher bestimmt (auch diese Funktion ist möglich). Und drittens nehme ich Ihre Definition des Beginns „menschlichen Lebens“ gern zu Kenntniss, sie ist ja nicht neu. Nur muss ich sie deshalb nicht akzeptieren. Sie sind demnach auch der Ansicht, dass ein Computer-Programm erst dann ein Computer-Programm ist, wenn es auf einem Rechner läuft, als ob die Potenz seines Wirkens nicht schon beim Programmieren angelegt wäre. Nach Ihrer Logik beginnt Software erst Software zu sein, wenn sie installiert ist, obwohl schon beim Schreiben ihre kompletten Eigenschaften angelegt sind.
      Im Übrigen ist es mir lieber, beim Beginn des Menschenlebens eher zu gründlich zu sein, als zu praktikabel.

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  4. aron2201sperber Says:

    wenn man Schwangerschaftsabbrüche nach Fruchtwasseruntersuchungen erlaubt, ist es völlig absurd, diese Untersuchung nicht zu erlauben.

    das einzige was dagegen spricht, sind irgendwelche Horror-Szenarien von Designer-Menschen, die man aus dümmlichen Hollywood-Science Fiction-Filmen kennt.

    Eine normale Zeugung wird auch weiterhin der sicherste Weg sein, ein gesundes Kind zu bekommen.

    aber es hilft Menschen, bei denen dies leider nicht klappt

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  5. Der Kristisator Says:

    Danke für diesen Beitrag. Ich möchte ihn (mit Hinweis) 1zu1 auf meinem Blog zitieren.

    J.N.

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  6. uniquolol Says:

    @schuler:
    “…Es geht vielmehr darum, dass das Grundverständnis der Demut vor dem Leben – auch vor dem menschlichen Leben – einen weiteren Schritt zurückgedrängt wird…”

    Wenn Eltern ihrem Kind eine Behinderung ersparen wollen, hat dies doch nichts mangelnder Demut zu tun. Eher doch wohl mit dem Verantwortungsbewusstsein von aufgeklärten Menschen…

    “…Und das Verständnis dafür, dass man sein Kind anzunehmen habe, ganz gleich, wie es auf diese Erde gesandt wird, um den alles überragenden Wert des Lebens nicht zu relativieren, dieses Verständnis ist längst auf dem Rückzug…”

    und dies völlig zu Recht, außerdem werden Kinder von niemandem “…gesandt…”.

    Siehe auch das Essay von Bernhard Schlink in SPON:
    “Die Würde in vitro”
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79051505.html

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  7. Der Kristisator Says:

    @uniquolol
    Haben Sie schon einmal ein »behindertes« Kind gefragt, ob man ihm nicht besser die Behinderung, ergo somit sein Leben erspart hätte? Darüber zu entscheiden, nennen Sie »aufgeklärter Mensch«?

    @aron2201sperber
    Dass Schwangerschaftsabbrüche nach Fruchtwasseruntersuchungen erlaubt sind, ist ja noch lange kein Freibrief, nur weil es im Grunde moralisch noch weit mehr verwerflich ist als PID. Wenn Messerstechen erlaubt ist aber Fausthiebe verboten, müssen letztere ja nicht automatisch auch erlaubt werden.

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  8. Tom Says:

    Die Argumentation hakt doch sehr, hier einige Punkte:

    1) Demut vor dem Leben: Hier bedarf es schon einer genauen Definition. Was genau ist Demut und was genau ist Leben? Ist eine befruchtete Eizelle Leben? Und welches Recht hat eine befruchtete Eizelle, wenn ich noch nicht einmal ein Recht auf die Niere meines Nachbarn habe? Wieso sollte eine befruchtete Eizelle dann das Recht auf einen Uterus haben?

    2) Wenn Erbschäden in der Petrischale verhindert werden können, ist es dann nicht ebenso unsere moralische Pflicht dies auch zu tun wie es unsere moralische Pflicht ist heilbare Krankheiten zu behandeln? Angenommen die Wissenschaft entwickelte ein Impfstoff für Aids, wäre dies dann ein Schlag ins Gesicht aller Aidskranker? Wäre deren Leben weniger Wert und dürfte der Impfstoff deshalb nicht eingesetzt werden? Wohl kaum.

    3) Und hier kommen wir zur Crux und zum eigentlichen Grund der PID Ablehnung. Ich zitiere: „Glaube und Wertebewusstsein werden offenbar immer weniger als „verbindlich“ und „bindend“ angesehen.“
    Hier vermengen Sie zwei Dinge und genau da liegt das Problem. Richtig, Glaube wird immer weniger als verbindlich angesehen und das ist auch gut so. Glaube ist per Definition willkürlich und nicht zu begründen. Daher hat er in rechtlichen Fragen nichts zu suchen. Privat kann man gerne glauben was man möchte, man kann für sich glauben, dass nur Gebete Heilung versprechen und daher eine herkömmliche Krebstherapie ablehnen. Man kann dies aber nicht anderen vorschreiben.

    Werte auf der anderen Seite sind nach wie vor verbindlich, nur können diese nicht aus dem Glauben heraus begründet werden. Mutwillig einem Kind eine Behinderung nicht zu ersparen mag vom Glauben her die moralisch richtige Handlung sein, aber auf Basis aller rationalen Argumente ist es das genaue Gegenteil. Und wo es um Recht und Gesetz geht dürfen nunmal nur rationale Argumente gelten und keine bronzezeitlichen Moralvorstellungen.

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  9. Paul Mittelsdorf Says:

    Seit die PID in anderen europäischen Ländern erlaubt ist, hat es dort keinerlei Trend zu „Designerbabys“ oder ähnlichen Befürchtungen gegeben. Trotzdem erscheint das Argument in Deutschland an jeder zweiten Ecke, als würden sich einige Menschen mehr an fiktiven und pessimistischen Ideen orientieren als an der Wirklichkeit. Es ist auch falsch, mit der „Demut“ vor dem Leben zu argumentieren. Dies ist ein christlicher Aspekt, der in dieser Diskussion in diesem Zusammenhang sehr herzlos ist.

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  10. Sven Mueller Says:

    Na Sie koennen ja mal mit gutem Beispiel vorangehen und – falls Sie mal in die schlimme Lage geraten sollten – eine lebenswichtige Operation an Ihnen oder Ihren Kindern mit Verweis darauf ablehnen, dass „es Konstellationen im Leben gibt, die man ertragen muss“ …

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    • ralfschuler Says:

      Ich habe nirgends geschrieben, das Leiden an sich ein Wert ist. Es geht darum, was man tun kann, wenn andere Leben betroffen sind. Deshalb habe ich auf das Beispiel Organspende hingewiesen. Wenn niemand mir ein Organ spenden will, kann ich es nicht erzwingen. Punkt. Und ich bin dafür, dass man grundsätzlich die Finger von Embryonen lässt, die ich – anders als einige Kommentatoren – als werdendes Leben ansehe. Ich möchte mich eben nicht auf Diskussionen einlassen, ob das Leben womöglich erst etwas später beginnt, weil man noch eine schöne Gen-Diagnostik gefunden hat. Oder vielleicht früher aufhört, weil man Organe braucht. Oder dass die Kassen im Angesicht des absehbar wachsenden Kostendrucks Therapien von „vermeidbaren“ Krankheiten nicht mehr übernehmen, weil man die Embryonen schließlich hätte vorher testen können. Radikaler Schutz scheint mir hier eine ebenso plausible Lösung zu sein, wie Null-Promille im Straßenverkehr. Niemand könnte dann auch nur auf die Idee kommen, dass zweieinhalb Bier vielleicht gerade noch gehen…

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  11. RichardT Says:

    Tut mir leid es so hart sagen zu müssen:

    Die ethischen Grenzen sind schon lange verschwunden. Wenn heute bei über 100.000 Abtreibungen pro Jahr, die meisten davon aus sozialen Gründen Krokodilstränen wegen PID geweint werden ist es einfach nur verlogen.

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    • ralfschuler Says:

      Wenn ich der ersten Frau nicht über die Straße geholfen habe, muss ich die zweite auch stehenlassen. Und weil es nun die PID gibt, kann man demnächst die nächste ethische Sauerei veranstalten. So kommt man argumentativ zwar in die Gosse, aber nicht aus dem PID-Dilemma.

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  12. konniebritz Says:

    Warum bitte sollen über ein solches Thema irgendwelche Politiker und andere Wichtigtuer entscheiden können und nicht die betroffenen zukünftigen Eltern? Sie sind es doch, die sich um das womöglich schwerbehinderte Kind kümmern müssen.

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    • ralfschuler Says:

      Wenn das keine Nützlichkeitsargumentation mit dem menschlichen Leben ist, dann weiß ich nicht, was sonst. Das künftige Kind wird verhandelt nach dem Stress, den es bereiten könnte. Nochmals Danke für diesen Beleg, dass meine Befürchtungen nicht unbegründet sind. Was zu beweisen war.

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      • Christopher Says:

        „Sie sind es doch, die sich um das womöglich schwerbehinderte Kind kümmern müssen.“

        Von dieser schlichten Tatsache auf „Nützlichkeitsargumentation“ zu schließen – chapeau für diesen Bocksprung.

        konniebritz führt eine (sicherlich diskutable) These ins Feld und wird gleich abgekanzelt und verunglimpft. Putzen Sie sich mal den Schaum vom Mund.

        Ich bin (wie viele Menschen) auch skeptisch, was die PID angeht, aber deswegen muss man sich nicht mit allen Fanatikern gemein machen. Danke für diesen Beleg, dass der Autor des Textes dazu gehört.

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      • ralfschuler Says:

        Was bitte schön ist das anderes als ein Abwägen der möglichen Erschwernis durch ein behindertes Kind und der Möglichkeit solches Leben auszuschließen? Es ist genau die Abwägung, die am Anfang eines unsäglichen Denkens steht und die deshalb eben nicht möglich sein sollte. Es tut mir auch nicht leid, wenn das Argumente ganz offensichtlich getroffen hat. Ich kann nur sagen: Ich bin mit den Nachfragen (Kann man da nicht etwas machen?) angesichts von Behinderunen vertraut und will das nicht befördern.
        Mit Schaum hat das nichts zu tun. Ich trinke gar keinen Latte Macchiato.

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  13. Zum Thema Präimplantationsdiagnostik (PID) | Der Kritisator Says:

    […] PID – Auf der ethischen Rutschbahn […]

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  14. Ein Gast Says:

    >>> außerdem werden Kinder von niemandem “…gesandt…”. <<>> den alles überragenden Wert des Lebens <<<

    Sprach es – und biss genüsslich in sein Schnitzel…

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    • ralfschuler Says:

      Etwas arg schlicht der Spruch, oder?! Ich empfehle künftighin auf Nahrung zu verzichten, um ein unschuldiges Leben zu führen. Schließlich sind Pflanzen auch Leben.
      Im Übrigen hat es durchaus seine Berechtigung auch beim Manipulieren am pflanzlichen Erbgut einen Augenblick nachzudenken, was man da tut, und ob man es wieder einsammeln kann. Ein wenig wundere ich mich aber schon, wie leichtfertig nach den schmerzvollen Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts der hohe Schutz des Lebens weggewischt und man sich einige Mühe gibt, Embryonen als rein materielle Dinge darzustellen. Aus welcher politischen Ecke man auch kommen mag – den meisten Menschen fallen hinreichend Missbrauchsszenarien ein, um da ein wenig zurückhaltender zu sein.

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  15. j.l. Says:

    Danke uniquolol

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  16. Bernd Dahlenburg Says:

    Danke Ralf!

    http://castollux.blogspot.com/2011/07/praimplantationsdiagnosik-debatte.html

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  17. Alexander Hirsch Says:

    Danke, danke Ralf Schuler für die klaren Worte!
    Und nochmal für alle zum Mitschreiben: Es geht bei PID nicht um eine Methode zur Heilung bzw. Prävention von Krankheiten (Bsp. Aids-Impfstoff oben). Es geht darum, den – möglicherweise – kranken Menschen auszusortieren.

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    • Tom Says:

      Dass es bei PID (noch) nicht um Heilung geht ist klar, ich war bei diesem Punkt nur schon einen Schritt weiter auf der „ethischen Rutschbahn“ in Richtung „Designer-Baby“.

      Das Thema „Aussortieren“ habe ich kurz unter dem ersten Punkt abgearbeitet.

      Interessant finde ich, dass Sie eine befruchtete Eizelle bereits als „Menschen“ bezeichnen. Die Eizelle hat nichts was einen Menschen ausmacht, außer die DNS, sie hat keinen Metabolismus, es findet keine Kognition statt, es ist nur eine Zelle, bzw. ein Zellhaufen der ohne eine Gebärmutter und somit ohne externe Versorgung schnell aufhören würde sich zu teilen.

      Außerdem ist es ja nicht so als ob durch die Aussortierung Neuland betreten würde. Aussortiert wird schon immer, durch die Natur, welche mehr als 50% der befruchteten Eizellen schlicht ausscheidet und auch später noch für Fehlgeburten sorgt, durch den Menschen bei einer künstlichen Befruchtung, wo immer mehr Eizellen befruchtet werden als später eingesetzt werden und nicht zuletzt durch Abtreibung.

      Bei der künstlichen Befruchtung war es bislang eben nur so, dass zufällig ausgewählt wurde welche Eizelle eingesetzt werden sollte. Jetzt dürfen unter bestimmten Umständen auch noch einige andere Kriterien als der bloße Zufall herangezogen werden.

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  18. PID-Debatte: Selbstverwirklichungswunsch der Eltern vs. Lebensrecht des Kindes | Wertepolitik Says:

    […] Lesetipp: Ralf Schuler: Auf der ethischen Rutschbahn […]

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  19. Bernd Dahlenburg Says:

    Tom schreibt:

    „Interessant finde ich, dass Sie eine befruchtete Eizelle bereits als „Menschen“ bezeichnen. Die Eizelle hat nichts was einen Menschen ausmacht, außer die DNS, sie hat keinen Metabolismus, es findet keine Kognition statt, es ist nur eine Zelle, bzw. ein Zellhaufen der ohne eine Gebärmutter und somit ohne externe Versorgung schnell aufhören würde sich zu teilen.“

    ============

    Ist ja interessant:

    Ein Mensch ist es also erst, wenn man Umrisse, Gliedmassen, Organe, nachfolgende prozesse etc. erkennen kann. Warum dann nicht im 5. oder 6. Monat mit der Hypothese beginnen?

    Das ist genau der Utilitarismus, den ich in meinem Castollux-Beitrag angesprochen hatte: Die befruchtete Eizelle als Zweck-Gegenstand – als Ding sozusagen, das, wie die Umschreibung aussagt, verdinglicht und nach Gutdünken manipuliert werden kann. Hier schwingt sich der Mensch zum Gott auf, nichts anderes.

    Atheisten werden natürlich immer von enem „Zellhaufen“ – oder Wochen später – von einem pflaumenähnlichen Gebilde sprechen.

    Für Christen und Juden ist aber nicht entscheidend, was man unter dem Mikroskop sieht, sondern das, was Gott von Anfang an festgelegt hat. Im Epheserbrief spricht Pauölus davon, dass Gott uns schon geliebt hat, bevor (!) wir geboren wurden, sogar, bevor das Universum geschaffen wurde. Wie kann er dann den „Zellhaufen“ von seiner Liebe aussparen?

    Aber wie gesagt, das ist eine Frage von gläubig oder nicht. Da kommen Atheisten vs. Christen sowie gläubige Juden nicht zusammen.

    Frage an Tom:

    Nehmen wir einmal an, der Mensch würde erst dann Mensch sein, wenn er optisch klar erkennbar wäre: Wie würden Sie dann den Zustand vorher bewerten -also ab der Befruchtung der Eizelle?

    Verhandelbar?

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    • Tom Says:

      Zunächst einmal liegen Sie falsch wenn Sie behaupten, dass für Christen und Juden das menschliche Leben mit der befruchteten Eizelle beginnt. Bei Juden beginnt es sogar erst mit der Geburt, weshalb man in Israel solche Debatten über PID oder Abtreibung nicht nachvollziehen kann.

      Davon abgesehen ist ein Rückgriff auf Religion wie ich in meinem ersten Beitrag erklärt habe für eine rechtliche Ordnung schlicht nicht zu akzeptieren. Privat können Sie glauben was Sie möchten, aber Sie haben kein Recht diesen Glauben anderen aufzuzwingen. Recht und Gesetz in einer aufgeklärten Gesellschaft kann nur auf der Ratio beruhen, nicht auf Autoritäten wie z.B. Religionsstiftern.
      Für eine Gesetzgebung muss es vollkommen egal sein was Paulus zu sagen hatte. Solange kein Nachweis dafür gebracht werden kann, dass er mit seiner Behauptung recht hat ist sie zu ignorieren. Und selbst wenn er Recht gehabt hätte und ein Gott existieren würde und dieser Gott uns liebte schon bevor das Universum geschaffen wurde, so wäre immer noch nichts zum Thema PID gesagt, schließlich definiert er nicht was er unter Mensch versteht und wenn er es getan hätte, dann wäre er wohl eher dem jüdischen Verständnis gefolgt, d.h. Mensch ist man erst durch die Geburt. Und selbst wenn das alles belegbar wäre, dann würde immer noch die Begründung dafür fehlen, dass etwas besondere Demut verdient, nur weil es von Gott geliebt wird. Alles was Sie mit Rückgriffen auf Religion erreichen ist das selbe Problem auf eine andere Ebene zu heben. Sokrates sagte schon: „Bedenke dir nämlich nur dieses, ob wohl das Fromme, weil es fromm ist, von den Göttern geliebt wird, oder ob es, weil es von den Göttern geliebt wird, fromm ist?“
      Dieses Dilemma ist schlicht nicht aufzulösen.

      Wann ein Mensch beginnt Mensch zu sein weiß natürlich auch ich nicht. Der Übergang ist wie so oft in der Natur fließend. Ich weiß nur, dass eine befruchtete Eizelle sicherlich kein Mensch ist, während ein neugeborenes Baby klar ein Mensch ist. Ich würde sagen, dass ein Mensch dann Mensch ist, wenn er eine Form von Bewusstsein hat, d.h. ein funktionsfähiges Gehirn. Aber wie gesagt, die Übergänge sind fließend.
      Ebenso kann man fragen, wann ist ein Auto ein Auto? In dem Moment wo der Konstruktionsplan feststeht? Oder wenn das fertige Auto die Fabrik verlässt? Oder irgendwo dazwischen, sagen wir ab dem Moment wo der Motor gestartet werden kann?
      Der Mutterleib ist sozusagen die Fabrik, die Stammzelle der Bauplan und am Ende kommt ein Mensch heraus.

      Zu Ihrer Frage: Ich weiß nicht genau was Sie meinen, allerdings würde ich einer befruchteten Eizelle oder einem Zellhaufen sicherlich keine Menschenrechte zusprechen. Solch ein Zellhaufen ist ja nicht viel anders als eine Hautschuppe. Man hat ja auch schon Hautzellen in Stammzellen rückführen können, insofern würde man ja jedesmal einen Massenmord begehen wenn man sich die Nase kratzt.

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      • ralfschuler Says:

        Ich habe die Festlegung auf den Beginn des Lebens nicht mit Verweis auf Christen- oder Judentum begründet, sondern mit der Gesellschaftlichen Debatte. Im Bundestag ist diese Definition (Befruchtung der Eizelle) über alle Fraktionen und Lager hinweg akzeptiert, weil alle späteren Grenzziehungen unbestreitbar willkürlich und nicht selten zweckdienlich sind. Ich finde es auch grundsätzlich dem Gegenstand sehr angemessen, es sich beim Eingriff in die Keimbahn eher schwer als leicht zu machen.

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      • Tom Says:

        Sie haben sich zwar nicht direkt auf das Christentum bezogen, dafür aber mein Vorredner auf den ich eingegangen bin. Sie haben nur impliziert, dass Sie einen etwas diffusen Glaubensbegriff gerne als „verbindlich“ sehen würden, was aber wohl in eine ähnlicher Richtung abzielt.

        Bezüglich ethischer Fragen wie z.B. der Einordnung von Stammzellen ist es meiner Meinung nach völlig irrelevant wer etwas gesagt hat, ob religiöser Führer oder Mitglied des Bundestages, entscheidend ist wie das Gesagte begründet wird. Etwas wird nicht automatisch richtig, nur weil es einen fraktionsübergreifenden Konsens im Bundestag gibt (Stichwort Griechenlandhilfe).

        Schließlich aber haben Sie hier einen kleinen aber entscheidenden semantischen Trick angewendet. So habe ich nicht von Leben gesprochen sondern von der Menschwerdung. Je nach Definition von „Leben“ würde ich durchaus zustimmen, dass es sich bei einer Stammzelle um eben dies handelt. Allerdings kann ich mir keine auch nur halbwegs brauchbare Definition von „Mensch“ vorstellen die eine Stammzelle miteinbeziehen würde.

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