Meist sind es muntere Episoden aus dem deutschen Schul-Alltag, die „frl Krise“ in ihrem Blog mit gelegentlich schon literarischem Feinschliff protokolliert. Über Gülten, Asem, Aische und Sarah schreibt sie, und mitunter verschlägt es einem glatt die Sprache….
Unbedingt Lesen: http://frlkrise.wordpress.com/2011/10/18/die-liebe-verwandtschaft/
Archive for the ‘Fundsachen’ Category
Aus dem deutschen Schul-Alltag
Oktober 19, 2011Ewige Wahrheit
November 4, 2010„Wir wollten das Beste, aber es kam wie immer.” (Viktor Tschernomyrdin)
Darüber lohnt es nachzudenken! Es gibt wenige russische Regierungschefs, deren Sentenzen es in meine engere Auswahl schaffen…
Fieses Frauen-Fernsehen
September 6, 2010Früher habe ich öfter darüber nachgedacht, ob es womöglich besser wäre, ein Mädchen zu sein. Eine Folge der ehedem beliebten Kindersendung „Die Rappelkiste“, in der eine realistische Geburt gezeigt wurde, hat mich dann aber doch nachhaltig mit meinem Geburtsgeschlecht versöhnt – so sehr, dass ich zu dem Schluss kam, man könne den Wehrdienst eher in Kauf nehmen als eine Niederkunft. Der Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee hat mich dann allerdings zu einer grundlegenden Korrektur dieses Standpunktes bewogen.
Nun sind neue Indizien aufgetaucht, die ebenfalls die Vorzüge des Weiblichen hervorheben. So berichtet der Berliner „Tagesspiegel“ auf seiner Medienseite zum Beispiel darüber, dass deutsche TV-Serien zu wenig Vorbilder von Frauen in technischen Berufen zeigten, weshalb die Mädels in diesen Fachrichtungen noch immer unterrepräsentiert seien. Das hat die Berliner Medienwissenschaftlerin Marion Esch herausgefunden, als sie 2500 Frauen befragte. Die gaben an, in Serien eine „interessante Quelle“ für Informationen zur Berufsbildung zu finden.
Deshalb wäre ich dann doch lieber eine Frau: Es gibt immer und für alles einen Schuldigen, wenn ich mit mir und meinem Leben nicht zufrieden bin. Das muss doch klasse sein, man rennt scharenweise zu „Sex and the city“ und kann sich hinterher darüber beklagen, dass im „Landarzt“ keine Klempnerin vorkommt. Ist doch klar, dass in so einer fiesen Gesellschaft Frauen keine Chance haben! Gut, Girlsdays hin oder her, Gender-gerechte Sprache, Frauenfußball im Abendprogramm, Straßenschilder ohne Zopf und Rock und Frauenquote im Vorstand der Telekom, alles schön und gut – aber die TV-Serien machen alles wieder kaputt.
Zwar wird heute keinem Mädchen mehr die Carrera-Autorennbahn verwehrt und keinem Jungen die Puppe entrissen, aber trotzdem: Wenn Deutschlands Schulabgängerinnen sich nach dem Abschluss zur Berufsberatung vor den Fernseher setzen, werden sie zu Kosmetikerinnen oder Verkäuferinnen missgeleitet. Schlimm, schlimm. Und wahrscheinlich gibt es auch gute Gründe dafür, dass sie die ganzen „Männer-Krimis“ nicht sehen, in denen Aby („Navy CIS“), Alberich (Tatort Münster und all die anderen schmucken Kriminaltechnikerinnen von „CSI Miami“ bis „Criminal Intent“ rumhuschen.
Bei Frauen hat immer jemand anders schuld, das ist einfach prima. Nun hat sich der Wehrdienst offensichtlich demnächst als Argument erledigt, und Geburten bleiben trotzdem schmerzhaft, so dass das Mannsein doch wieder einige Vorzüge zurückgewinnt. Und dann ist da noch ein Grund, warum ich wohl doch keine Frau sein möchte: Ich würde mich dagegen verwahren, ständig als Blättchen im fiesen gesellschaftlichen Wind und formbares Objekt der Umstände hingestellt zu werden, dass selbst von Fernsehserien aus der Lebensbahn geworfen wird. Dafür hätte ich einfach zuviel Selbstachtung. Und ich glaube, die meisten Frauen heute auch.
Mürrisch
Mai 30, 2010Es gibt so wunderbare alte Worte. Mürrisch ist so eins, dass von Murren, Brummen, ablehnen, unzufrieden sein… – herkommt. Synonyme können freilich nie den ganzen Gefühlskosmos ausleuchten, der in einer Vokabel steckt. Für das Wort „mürrisch“ gibt es jetzt allerdings eine umfassende Ausdeutung auf anderthalb Zeitungsseiten: Das jüngste Interview mit „Literaturpapst“ Marcel Reich-Ranicki in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (30. Mai 2010).
Mit bewunderungswürdiger Langmut hat sich Johanna Adorján von dem angehenden Jubilar (90. Geburtstag am 2. Juni) patzig kommen lassen. Ein bockiger, missmutiger, gelangweilter, maulfauler, genervert und widerwilliger MRR brilliert in der Kunst des Journalisten-Kujonierens und gibt am Ende gar unumwunden zu, dass er auch über die Dinge, über die er gern sprechen würde, nicht sprechen wolle. Besser ist „mürrisch“ nie inszeniert und aufgeführt worden. Über den Befragten erfährt man im Grunde nichts, dafür präsentiert sich der Literatenfresser in einer Verfassung, in der ihn jeder Tatort-Ermittler sofort aufs Präsidium geladen hätte. „Wenn Sie nicht reden wollen, können wir auch anders…“ Nur lädt man Reich-Ranicki eben zu nichts mehr und schon gar nicht vor.
Dieses Dokument einer Geisteshaltung der rhetorischen Sitzblockade ins Blatt gehoben zu haben, ist mutig und verdient hohe Anerkennung. Bleibt zu hoffen, dass Johanna Adorján nach Abschalten des Diktiergerätes dem alten Griesgram wenigstens ordentlich die Meinung gesagt hat. Auch für Neben-Päpste gilt Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Journalisten sind auch Menschen. Meistens jedenfalls.
Fundstück aus dem DDR-Alltag
Januar 24, 2010Vielleicht tut es all den Debatten über die DDR ganz gut, hin und wieder mal von den großen IM-Verstrickungen und den Blöcken im Kalten Krieg weg den Blick auf den Alltag zu lenken. Nehmen wir zum Beispiel einen ganz normalen Aufsatz aus dem „Niederschriften“-Heft von Christine L. (damals 8 Jahre alt, Klasse 3b in Berlin-Weißensee), der mehr über System, Atmosphäre und die Mitmacher daran sagt, als lange Historiker-Vorträge.
Montag, den 29. Oktober 1973 Die Feierstunde der Klasse 3b zum Tag der Republik (1.Niederschrift)
„Die Feierstunde zum Tag der Republik fand am 4. Oktober im Erdgeschoß unserer Schule statt. Die Klassen 1 – 3 nahmen am Appell teil. Zuerst begrüßte uns die Pionierleiterin mit dem Pioniergruß „Seid bereit“. Dann bat die Schülerin Katrin Wiesner um die Meldungen der Klassen 1- 3. Danach sangen wir das Lied: Unsere Heimat. Hinterher sagten 3 Schüler ein Gedicht auf. Einige Schüler der Klasse 3a lasen danach die Verpflichtungen vor. Anschließend wurde von zwei Pionierleiterinnen eine Gratulation für Willi Stoph und Horst Sindermann vorgelesen. Zum Abschluss sangen wir das Lied „Bunt geschmückt sind alle Häuser.“
Der Aufsatz stammt aus der 3. Klasse wohlgemerkt. Liegt es an mir, dass bei den Erinnerungen an solche Appelle Beklemmungen kriege?