Der Euro in der Sozialismus-Falle

Stellen wir die Dinge vom Kopf auf die Füße. Wieder müssen in Europa die Banken gerettet werden, und wieder schnappt der Wut-Bürger mit einem Reflex verlässlicher als Pawlows Wauwau: Lasst die doch pleite gehen, die Nieten in Nadelstreifen, diese Zocker und Wechselfälscher…

Dabei haben sie diesmal gar nicht gezockt. Im Gegenteil. Grundsolide Staatsanleihen haben sie im Portefeuille, die bis vor kurzem als „müdelsicher“ galten und die Finanzinstitute nun in den Abgrund zu reißen drohen. Keine Derivate, Index-Zertifikate oder Kreditausfallversicherungen, sondern staatliche Schuldverschreibungen. Verlust praktisch ausgeschlossen. Vom Gesetzgeber sind diese Staatsanleihen sogar vorgeschrieben als Besicherung für Kreditgeschäfte. Was einst das Gold im Tresor, sollten heute die Staatsanleihen sein.

Zockerei könnte man jenen Geldinstituten vorwerfen, die griechische oder andere unsichere Papiere um des lukrativen Risikozinses willen kauften, als es in Südost schon den Bach runter ging. Zu dem Zeitpunkt kaufte allerdings nur noch die EZB, während die großen Privatbanken längst abstießen, was sie konnten. Diese Euro-Krise ist ein Schuldenkrise, eine Staatsverschuldungskrise, und die haben nicht die Banken gemacht, sondern die Politiker, die sich jetzt mit Notstandstimbre um die vermeintliche Rettung bemühen.

Der Euro sitzt in der Sozialismus-Falle: Eine Vision vom friedlichen Europa in Wohlstand und Prosperität, zu groß und schön um am Beginn das mögliche Scheitern ernsthaft mitzudenken. Denn wie immer, wenn Politik den großen Wurf plant, ist der Holzweg so wenig eine Option, wie die schleichende Verteuerung bei prestigeträchtigen Großprojekten. Die Happy-End-Garantie gehört in solchen Fällen zur politischen Grundausstattung. Wenn man beim Einführen des Euro intensiv Vorsorge fürs Scheitern getroffen hätte (Austritt aus dem Euro, Staateninsolvenz etc.), wäre dies ja ein Eingeständnis gewesen, dass er überhaupt scheitern kann. Man hätte dann Skeptiker und Kritiker nicht mehr als randständige Querulanten abtun können, wenn aus der vorsichtigen Vorsorge seitens der Politik schon ein Crash im Bereich des Möglichen zu folgern gewesen wäre. Man hätte sie ernst nehmen müssen. Und außerdem berechtigte damals ja die rundum gülden strahlende Vision dazu, sich über den Volkswillen hinwegzusetzen.

Es ist dies der immer gleiche Ablauf großer politischer Krisen: Die beschworene Bombensicherheit zu Beginn des Projekts und die viel zu lange Verschleppung am Schluss, weil Politik bis zuletzt versucht, die Dinge innerhalb des untauglichen Systems zu lösen. Besonders fatal aber: Während bei Bau-Großprojekten, aussichtslosen Kriegen oder staatlicher Misswirtschaft, die gesellschaftlichen Korrekturmechanismen von Presse und Öffentlichkeit die Politik unter Druck setzen, versagen diese im Falle Europas und des Euros, weil es ja um eine so große und schöne Vision geht.

Wer aber aus der riesigen Blase virtuellen Geldes im Zuge der US-Immobilien-Krise etwas gelernt hat, der weiß, dass mit gehebelten Rettungsschirmen in virtueller Billionenhöhe lediglich zittrig an einem neuen Kartenhaus gebastelt wird. Nur auf welchem banktechnischen Wege das Ganze zusammenfallen wird, ist noch nicht absehbar.

Wer den Euro jetzt retten will, muss an die gesamte Gemeinschaftswährung heran. Ein Rettungsschirm, der in Wahrheit schon Frankreich rettet, ist nicht mehr als die letzte Ruderjolle der Titanic. Mit dem Euro haben sich 17 Staaten gemeinsam auf ein Schiff begeben, bei dem niemand von Bord gehen darf. Jeder weiß, dass sich unter den risiegen Rettungsplanen keine realen Boote befinden, die alle Passagiere aufnehmen können. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat es unlängst im BILD-Interview offen zugegeben: Ein Scheitern würde der Welt zeigen, dass Europa es nicht schafft. Die Phase der panischen politischen Ehrenrettungsversuche, ist immer die letzte. Und gefährlichste.

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3 Antworten to “Der Euro in der Sozialismus-Falle”

  1. Die EU scheitert « LW-Freiheit Says:

    […] der panischen politischen Ehrenrettungsversuche, ist immer die letzte. Und gefährlichste.“ Der Euro in der Sozialismus-Falle -von Ralf Schuler 13-10-201 Gefällt mir:LikeSei der Erste, dem dieser post […]

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  2. Blinkfeuer Says:

    Etwas zu viel Text, wenn nur festzustellen ist:
    Man hat eine EU der Konzerne gebaut. Eben keine politische oder gar die „Sozialunion“. Ein Ausbeuterparadies. Und die Beraterrepublik D mimt den Obermacker. Freut sich, wenn Staaten kollabieren. Belgien wird schnell gehen, dann wird Schottland aus GB gelöst. YUG war schon durch. Und der fette Koloss D jubelt.

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  3. Gutartiges Geschwulst Says:

    WANDERERS NACHTLIED ©
    Frei nach Johann Wolfgang von Goethe

    Über allen Gipfeln ist Ruh´.
    Im Tal krepiert leis´ die geliebte EU.
    Vernehmlich sind noch Politik und Presse,
    planlos wie stets, doch mit großer Fresse;
    von Kompetenz indessen, kaum einen Hauch.
    Geduldet euch, Leute! Balde ruhen sie auch.

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